Lektion 1: Sprachliche Merkmale der deutschen Jugendsprache
Definition: Die Jugendsprache ist ein lebendiger Teil unserer Kultur, der sich ständig weiterentwickelt und durch verschiedene Einflüsse geprägt wird. In diesem Modul werden wir die sprachlichen Merkmale und die lexikalische Vielfalt der Jugendsprache genauer betrachten.
Key Concepts
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Abkürzung
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Floskel
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Entlehnung (Anglizismus)
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Vulgarismus
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Neologismus
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Kompositum
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Präfixe und Suffixe
Einheit 1: Sprachliche Unterschiede zur Standardsprache
Die Jugendsprache unterscheidet sich in vielen Aspekten von der allgemeinen Sprache. Bei Sätzen wie «Hast du Bock auf Kino?» fällt auf, dass Jugendliche dazu tendieren, kürzere Sätze zu verwenden und damit informeller zu sprechen. Eine auffällige Eigenschaft der Jugendsprache, die zu diesem direkten Charakter der Sprache beiträgt, ist die Verwendung von Abkürzungen. Teilweise werden Buchstaben oder sogar ganze Silben einfach ausgelassen. Ein bekanntes Beispiel ist «hdl» für «Hab’ dich lieb» oder «ka», was «keine Ahnung» bedeutet. Ebenso vernachlässigen Jugendliche teilweise bewusst die Grammatik und lassen ganze Wörter aus, um einen lockeren und umgangssprachlichen Ton zu erzeugen. Dabei werden grammatische Regeln flexibler gehandhabt, was auch zur Entstehung eines eigenen, jugendsprachlichen Stils führt. Dieser Stil kann manchmal schwer zu verstehen sein, wenn man nicht zur Zielgruppe gehört. Das erwähnte Beispiel wurde von «Ich habe dich lieb» zu «Hab’ dich lieb» verkürzt, um die Kommunikation zu beschleunigen. Die Kreativität der Jugendsprache zeigt sich zudem anhand häufig verwendeter Ausdrücke und Floskeln. Solche festen Wendungen tragen zur lebendigen Gestaltung ihrer Gespräche bei und bereichern die Jugendsprache. Es ist ein weiteres Merkmal, das die Vielfalt und Anpassungsfähigkeit der Jugendsprache zeigt. Ein Beispiel hierfür ist der Ausdruck «Alles easy», der verwendet wird, um Entspanntheit oder Gelassenheit auszudrücken.
Übung 1: Diskussion
Besprich mit deiner Pultnachbarin oder deinem Pultnachbarn die gelernten Unterschiede der Jugendsprache im Vergleich zur Standardsprache. Überlegt, ob ihr diese Elemente in eurer eigenen Kommunikation verwendet oder beobachtet habt. Notiert euch einige Beispiele. Denkt zudem darüber nach, welchen positiven oder negativen Einfluss diese Beispiele auf die Verständigung mit euren Eltern haben können.
Einheit 2: Entlehnungen und ihre Auswirkung auf die Vielfalt des Wortschatzes
Die Jugendsprache zeichnet sich durch einen unglaublich reichen und vielfältigen Wortschatz aus. Der Wortschatz ist allerdings auch der Bereich der Sprache, der sich am schnellsten wandelt. Aktuelle Ausdrücke Jugendlicher sind recht kurzlebig und werden schnell durch andere ersetzt. Eines der auffälligsten Merkmale der Jugendsprache ist die Integration von Entlehnungen aus verschiedenen Sprachen. Ein signifikanter Einfluss ergibt sich aus der grossen türkischstämmigen Bevölkerung im deutschen Sprachraum, was die Verwendung von türkischen Ausdrücken in der Jugendsprache erklärt. Der türkische Ausdruck «hade!» oder «hadi!» kann beispielsweise mit «Tschüss!» übersetzt werden. Zudem sind auch Einflüsse aus dem Polnischen und Russischen in der deutschen Jugendsprache zu beobachten. Die deutsche Jugendsprache zeigt schon immer einen starken Einfluss anderer Sprachen, insbesondere des Englischen. Das Jugendwort 2023, «goofy» wird verwendet, um eine tollpatschige oder alberne Person oder Verhaltensweise zu beschreiben. Jugendliche verwenden eine grössere Anzahl von sogenannten Anglizismen im Vergleich zu anderen Altersgruppen. Darüber hinaus nutzen sie spezifische Anglizismen, die eng mit ihrem Alltagsleben, ihren Kommunikationsbedürfnissen, ihren Beziehungen, bestimmten Handlungen und Interessen verbunden sind. Anglizismen stammen oft aus den Bereichen Technologie und Internet. Darüber hinaus werden auch Vulgarismen, Schimpfwörter, wie z. B. «shit» aus dem Englischen übernommen. Auch Abkürzungen wie «btw» für «by the way», 'nebenbei', werden von Jugendlichen in der Kommunikation untereinander verwendet. Die Jugendsprache ist oft ein kreativer Raum für die Schöpfung neuer Wörter oder Bedeutungen. Diese sogenannten Neologismen können aus Spass, Ironie oder einfach als Ausdruck der Jugendkultur entstehen. Oftmals werden in der Jugendsprache Neologismen gebildet, indem bereits existierende Wörter miteinander kombiniert werden. Diese Art der Wortbildung nennen wir Komposita. Sie sind ein Spiegelbild der speziellen Interessen oder Kultur einer bestimmten Jugendgruppe und enthalten häufig Anglizismen. Diese Art von Neologismen werden häufig verwendet, um Personengruppen, z. B. «Filmjunkies», oder Orte, z. B. «Partykeller», zu beschreiben. Auch indem Jugendliche Präfixe, Buchstaben oder Silben, die vor einem Wort hinzugefügt werden, oder Suffixe, die am Ende eines Wortes angehängt werden, an Wörter anfügen, ändern sie die Bedeutung des ursprünglichen Wortes und bilden so Neologismen. Zum Beispiel wird so an das englische Wort «chill» ein «ig» angefügt, sodass «chillig» entsteht, um auszudrücken, dass etwas oder jemand entspannt ist.
Übung 2: Arbeite für dich und notiere deine Antworten.
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Identifiziere alle typischen Merkmale der Jugendsprache in der folgenden Aussage und erkläre, wie diese Elemente zur Bildung eines einzigartigen Jugendsprachstils beitragen. Antworte dieser Person, indem du weitere Anglizismen und Neologismen verwendest, die du auch selbst im Gespräch mit anderen Jugendlichen wählen würdest.
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«Hey, hab` heute mit der Crew gechillt. Wir planen den nächsten Adventure-Trip, um ein paar coole Memories zu sammeln. Hast du Bock, dich uns anzuschliessen?»
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Bist du fertig mit der Übung? Die Lösung für diese Übung: Anrede: «Hey» Verkürzte Formen: «Hab'» statt «habe» «Bock» statt «Lust» Anglizismen: «Crew» (bedeutet Gruppe oder Team) «Chillen» (bedeutet entspannen, Zeit verbringen) «coole» (bedeutet toll) «Memories» (bedeutet Erinnerungen) Komposition aus Anglizismen: «Adventure-Trip» (bedeutet Abenteuerreise) Präfix: (Bildung Partizip II) «ge-» vor Anglizismus «chillen», wodurch sich eine Integration des Anglizismus in die deutsche Sprache vollzieht. Kreative Ausdrucksweise: «coole Memories sammeln» (eindrucksvolle Erinnerungen machen)
Gedanken zum Abschluss:
Es ist wichtig, zu beachten, dass die Jugendsprache nicht in allen Kulturen und Regionen gleich ist und sich im Laufe der Zeit verändert. Sie wird oft stark von Trends, Medien und dem sozialen Umfeld beeinflusst. Darauf wird in den nächsten Modulen noch weiterführend eingegangen.
Welche Auswirkungen könnte dieser kreative Spielraum auf den Erhalt der deutschen Sprache und ihre kulturellen Werte haben?​​​
Quellen
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Augenstein, S. (1998). Funktionen von Jugendsprache. Max Niemeyer Verlag. https://doi.org/10.1515/9783110911329.
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Bahlo, N., Becker, T., Kalkavan-Aydın, Z., Lotze, N., Marx, K., Schwarz, C., & ȘimȘek, S. (2019). Jugendsprache: Eine Einführung. Springer-Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04767-0.
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Coveri, L. (1993). Novità del/sul linguaggio giovanile. La Lingua dei Giovani. Tübingen: Günter Narr Verlag, 35-48.
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Neuland, E. (2018). Jugendsprache (2nd ed.). Francke Verlag. https://www.utb.de/doi/book/10.36198/9783838549248.
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Bilder
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