Lektion 3: Ein Blick in die praktische Arbeit von Sprachwissenschaftler:innen
Hier erfährst du, was Linguist:innen im Gebiet der Sprachdokumentation tun und welche Werkzeuge sie nutzen. Du lernst auch, wie man eine Transkription anfertigt und wie nützlich sie sein kann.
Schlüsselkonzepte
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Feldarbeit
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Metalinguistisches Wissen
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Ausrüstung
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Spracheinstellung
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Transkription
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IPA
EINHEIT 1: WIE FUNKTIONIERT FELDARBEIT?
Wenn Linguist:innen eine Sprache dokumentieren, folgen sie einem bestimmten Prozess, der wichtig ist, weil er ihnen hilft, ein Korpus (eine Sammlung gesprochener oder geschriebener Sprache, die für linguistische Analysen und Forschung verwendet wird) zu erstellen. Bevor Linguist:innen ins Feld gehen, müssen sie einen soliden Plan erstellen, der ein Ziel, ein Budget, einen Ort und die zu befragenden Personen umfasst. Ausserdem benötigen die Linguist:innen die Erlaubnis der befragten Personen, sie zu filmen oder aufzunehmen. Sie müssen auch entscheiden, ob sie Einzel- oder Gruppeninterviews führen wollen. Ganz wichtig ist, dass die Sprachwissenschaftler:innen versuchen, die Sprache zu lernen, die sie untersuchen. Auf diese Weise kann die Untersuchung in nur einer Sprache durchgeführt werden, und sowohl die interviewende Person als auch die befragte Person können einander besser verstehen. Ausserdem hilft die Verwendung derselben Sprache den Forschenden, Informationen über Rhythmus und Kadenz herauszufinden. Dies sind Beispiele für Merkmale, die von Sprache zu Sprache variieren.
Für den praktischen Teil der Feldarbeit benötigen die Linguist:innen eine gewisse Ausrüstung. Dazu gehören ein digitaler Audiorecorder, verschiedene Arten von Mikrofonen und je nach dem eine Videokamera. Ausserdem benötigen sie einen Computer und einige Festplatten für die Datensicherung.
Übung 1: Versuche dich als Sprachwissen-schaftler:in im Feld!
Jetzt weisst du, wie sich Sprachwissenschaftler:innen für ihren Einsatz im Feld vorbereiten müssen und welche Materialien sie für ihre Arbeit benötigen. Versetze dich in die Lage einer:s Linguisten:in und Interviewers:in (stelle dir vor, du hättest bereits die gesamte Ausrüstung vorbereitet). Deine Aufgabe ist es, deinem:r Sitznachbar:in (und Interviewpartner:in) drei Fragen über die Schule zu stellen. Nimm das Interview mit deinem Smartphone auf und analysiere es anschliessend.
Denke nach der Aufzeichnung über die Atmosphäre des Gesprächs, den Gesprächsverlauf und alles, was du während des Dialogs beachten musstest, nach. Wenn nötig, höre dir das Gespräch noch einmal an.
Orientiere dich an folgenden Fragen:
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Was ist das Beste und Schönste, was du heute in der Schule gemacht hast, und warum hat es dir so gut gefallen?
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Kannst du mir von einem Thema im Unterricht erzählen, das du heute nicht so interessant fandest?
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Beschreibe bitte kurz, welches Fach dir in der Schule am besten gefällt, und erläutere einige der Gründe dafür.
EINHEIT 2: DIE BEDEUTUNG DER TRANSKRIPTION
Wie du weiter oben in der Einleitung erfahren hast, arbeiten Linguist:innen, deren Aufgabe es ist, Sprachen zu dokumentieren, hauptsächlich mit Audios und Aufzeichnungen. Ihre Arbeit hört nach der Erstellung der Aufnahmen aber nicht auf. Sobald sie die Aufnahmen gemacht haben, müssen sie die Informationen in einem Format kommentieren, das einem breiteren Publikum zugänglich ist. Dieser Prozess umfasst die Erstellung schriftlicher Aufzeichnungen. Dafür müssen Linguist:innen drei Hauptschritte durchlaufen: Transkription, Übersetzung und grammatische Annotation.
In dieser Lektion konzentrieren wir uns auf die Transkription, die als symbolische Darstellung definiert werden kann, die die bedeutungsvollen Aspekte aufgezeichneter gesprochener Sprachereignisse erfasst. Ziel ist es, alles Gesprochene so genau wie möglich schriftlich darzustellen; auch Pausen, Wiederholungen und sogar die Momente, in denen Sprecher:innen beginnen oder aufhören zu sprechen.
Der schnellste Weg, eine Transkription zu erstellen, besteht darin, nah an den gesprochenen Worten zu bleiben. Dazu verfolgen die Menschen, deren Ziel es ist, die Sprache zu analysieren, spezifische Methoden. Dies ermöglicht es ihnen, die feinen Merkmale der gesprochenen Sprache zu unterscheiden.
Eine Methode, die du nun genauer kennenlernen wirst, ist die phonetische Transkription. Diese Art der Transkription ist wichtig, da sie dabei hilft, die einzigartigen Laute und Töne einer Sprache einzufangen. Im Wesentlichen ist die Methode eine Möglichkeit, um darzustellen, wie Wörter ausgesprochen werden.
Das am weitesten verbreitete System zur phonetischen Transkription ist das Alphabet der International Phonetic Association (IPA), dessen Grundlage das lateinische Alphabet ist. Das Ziel dabei ist es, ein einzigartiges Symbol für jeden einzelnen Laut in einer Sprache bereitzustellen und darüber hinaus Eigenschaften wie die Nasalisierung von Vokalen, die Länge von Lauten oder Wortbetonungen anzeigen.
Beispiel: Ich heisse Luise und wohne in Deutschland.
IPA: ˈɪç ˈhaɪ̯sə ˈluˈʔiːzəˈʊntˈvoːnəˈɪnˈdɔɪ̯tʃlant.
Teil 1
Nachdem du nun weisst, was das IPA ist, versuche, den folgenden Satz mit den deutschen Wörtern und Buchstaben zu übersetzen, die du normalerweise verwenden würdest. Vielleicht hilft dir die Tabelle dabei. Schreibe deine Lösung auf ein Papier oder in ein Word-Dokument.
Übersetze folgenden Satz:
/dasˈziːt ˈaʊ̯s ˈviːˈaɪ̯nəˈɡəˈhaɪ̯mʃrɪftˈnɪçtˈvaːɐ̯? ˈɡuːt ɛntˈtsɪfɐt!/
Translation: __________________________________________
Übung 2: Arbeite mit Transkriptionen
Teil 2
Da du nun erfahren hast, was eine Transkription ist und welche Hauptfunktion sie hat, kannst du selbst versuchen, eine zu erstellen. Höre dir zunächst die folgende Aufnahme in Walliserdeutsch an. Transkribiere das folgende Audio in lateinische Buchstaben und in ein geschriebenes Standarddeutsch.
Quellen
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Guerra, A. Outfit per conquistare il tuo uomo [Audio]. https://www.instagram.com/reel/CvsJVuzKHlK/?igshid=MXZwdXZtZ2dzY2dwaw== (14.11.2023).
Mosel, Elrike (2006). Fieldwork and community language work. In: Gippert, Himmelmann, Mosel (Ed.): Essentials of Language Documentation. (pp. 67 - 86). Berlin: de Gruyter.
New Zealand audio file taken from the English Corpus Computer located on the second floor of the English Department in the University of Bern.
Pixabay.com (2016, June 13). Eagle [Photograph]. https://pixabay.com/es/photos/%C3%A1guila-monta%C3%B1as-lago-reflexi%C3%B3n-1450672/ (14.11.2023).
Schultze-Berndt (2006). Linguistic annotation. In: Gippert, Himmelmann, Mosel (Ed.): Essentials of Language Documentation. (pp. 213 - 251). Berlin: de Gruyter.